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OMC Trend Claudia Michalski

Handelsblatt vom 20. Juni 2018:


GASTBEITRAG
Von Claudia Michalski


Viele angehende Unternehmer stellen sich das Gründen einfach vor. Doch bevor sie auf die Start-up-Welle aufspringen, sollten sie sieben Punkte überdenken.

 

Berlin Studenten gründen schon während ihres Studiums, Mütter werden erfolgreiche Unternehmerinnen, und sogar Top-Manager hängen ihre gut dotierte Konzernkarriere an den Nagel, um ihre eigene Firma und damit einen Lebenstraum zu verwirklichen. Gründen ist hip – immer mehr Menschen planen den Weg in die Selbstständigkeit.

Dieser Start-up-Hype bewirkt viel Positives: Es herrscht, speziell in Berlin, eine regelrechte Aufbruchstimmung. Am laufenden Band wird hier gegründet. Alle scheinen sich einig: Gründen ist super, es gibt Kapital von VCs oder Business Angels, und man erhält fast den Eindruck, dass das Geld auf der Straße liegt.

Gleichzeitig sind Manager in Großunternehmen zunehmend müde, ausgelaugt oder genervt von überbordenden Strukturen und wachsendem Druck. Besonders in der Lebensmitte denken viele intensiver als zuvor über die nächsten beruflichen Schritte nach. Schließlich sind es noch 20 Jahre bis zum offiziellen Renteneintritt, die wollen sinnvoll und möglichst auch mit Freude am Beruf gestaltet sein. Managerinnen und Manager rund um 50 suchen bewusst nach einem anderen Weg. Oft in die Selbstständigkeit, auch bei uns boomt die Existenzgründungsberatung.

Den Wunsch nach Austausch auf Augenhöhe kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich war selbst vor einigen Jahren in einer ganz ähnlichen Situation. Doch bevor Sie wild drauflos die Start-up-Welle mitreiten, seitenlange Business-Pläne schreiben oder sogar voreilig investieren, sollten Sie sich über die folgenden sieben wesentlichen Punkte Gedanken machen – denn wer diese missachtet, wird scheitern.

 

1. Ohne eine gute Geschäftsidee ist alles nichts
Was kann ich besonders gut? Worin unterscheide ich mich von anderen? Welches Marktbedürfnis besteht wirklich? Und wie kann ich daraus ein Geschäft aufbauen oder ein bestehendes übernehmen? Diese Fragen stehen oft am Anfang unserer Beratung, und wir gehen mit unseren Klienten in kreative Prozesse, um sie bei der Ideenfindung zu unterstützen und eine konkrete Vision für ihr weiteres berufliches Leben zu erarbeiten.

 

2. Selbstständigkeit muss man sich leisten können
Zukünftige Gründer haben oft eine falsche Vorstellung von der Realität: „Ein sechsstelliges Einkommen brauche ich schon, das bin ich so gewohnt.“ Das kann klappen. Muss aber nicht. Wer sich selbstständig macht, braucht entweder ein entsprechendes Polster, um die Anfangsjahre (mindestens zwei) gelassen zu überstehen, oder grundsätzliche Flexibilität. Soll heißen: eine Beschränkung auf das finanziell Notwendige, ohne sich dabei permanent unwohl zu fühlen.

 

3. Unsicherheit muss man aushalten können
Wer nachts nicht schlafen kann, wenn das Gehalt nicht automatisch aufs Konto kommt, hat als Gründer ein Problem. Dann wird es leider viele schlaflose Nächte geben. Grund: Die wenigsten Gründungen fliegen von Anfang an. Wem der Schweiß ausbricht, wenn er an seine monatlichen Verpflichtungen denkt, sollte sich das mit der Selbstständigkeit gut überlegen. Permanente Sorge lähmt nicht nur, sondern macht auf Dauer krank.


4. Ohne Vertrieb geht es nicht
Jede noch so gute Idee verbreitet sich nicht von alleine, sie muss in die Welt getragen werden. Und am besten macht das am Anfang der Gründer oder die Gründerin selbst. Authentisch und glaubwürdig. Doch dazu gehört noch mehr: Irgendwoher müssen Kunden, Angebote ja kommen, das eigene Netzwerk erweitert werden. Wer keinen Spaß daran hat, abends potenzielle neue Kooperationspartner zu treffen, oft Essen zu gehen, Veranstaltungen zu besuchen und selbst zu veranstalten, Vorträge zu halten, digital sichtbar zu sein und sich ständig zu zeigen, der hat ein Problem. Dazu gehört auch das Bespielen sozialer Netzwerke. Wer sich für jeden Post quälen muss, sollte lieber andere agieren lassen. Wenigstens den Geschäftspartner mit Vertriebsgen.


5. Ein gutes Netzwerk ist zwingend
Gerade am Anfang einer neuen Unternehmung oder einer Selbstständigkeit hilft ein breites Netzwerk von möglichen Multiplikatoren, Partnern und potenziellen Kunden. Durch gutes Online-Marketing kann man zwar viel bewirken, am Ende zählt aber oft die persönliche Empfehlung. Und die bekommt man nur mit einem gutem Netzwerk. Also: Neu in eine Stadt ziehen und sich dort ohne Kontakte selbstständig zu machen, ist keine so gute Idee.


6. Leidenschaft rules
Ohne für die eigene Geschäftsidee zu brennen, ohne begeistert zu sein für das, was man tut, wird es nicht gehen. Der Funke muss überspringen, zum Kunden, zum Geschäftspartner, auch zu eigenen Mitarbeitern. Nur wer selbst begeistert ist von dem, was er tut, kann andere mit seiner Leidenschaft anstecken. Und wer das, was er tut, mit Freude macht, muss nie wieder arbeiten.


7. Der Partner/die Partnerin muss mitziehen
Auch wenn es banal klingt: Ohne einen verständnisvollen Partner oder eine Partnerin ist das Unternehmen Selbstständigkeit doppelt schwer. Wer sich jeden Abend rechtfertigen muss für den langen Arbeitstag, wer am Wochenende heimlich an den Schreibtisch schleichen muss, wer den Vorwurf hört, „mit der Arbeit verheiratet“ zu sein, dem fehlt der Freiraum für kreatives Arbeiten. Das kann auf Dauer nicht funktionieren.

 

Fazit: Ja, es sollten sich viel mehr Menschen trauen, zu gründen, sich selbständig zu machen, Unternehmer zu werden. Aber bitte nicht blind, nicht naiv und nicht ohne sich die Konsequenzen klar gemacht zu haben. Nicht jeder ist ein guter Unternehmer – auch wenn die Geschäftsidee noch so gut sein mag. Und vor übersteigerten Erwartungen, insbesondere an die vielbeschriebene Work-Life-Balance, möchte ich ausdrücklich warnen. Im Zweifelsfall arbeitet man mehr als jemals zuvor. Mit einem großen Unterschied: Man lacht dabei!

 

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Handelsblatt - Geschäftsführerin, Frau Claudia Michalski

Claudia Michalski
Geschäftsführerin

Warum Start-ups scheitern


- Am Kunden vorbei geplant:

Es klingt banal, aber: Manche Unternehmens-gründer überprüfen nicht, ob ihre Idee tatsächlich so gut bei den Kunden ankommt, wie sie erwarten.


- Den Markt nicht im Blick

Viele Ideen klingen toll – bis man feststellt, dass jemand anders auch schon darauf gekommen ist. Gründer sollten daher eine Marktanalyse vornehmen.


- Kosten nicht im Griff

Viele Start-ups sind zu optimistisch. Die Kosten geraten schnell höher als erhofft, gerade wenn es kein Controlling gibt.

 

- Zu viel Optimismus

Etliche Gründer gehen mit großen Ambitionen an ihr Projekt – um festzustellen, dass die Hoffnungen unrealistisch waren und die Einnahmen nicht so fließen wie erwartet.


- Keine Ahnung von BWL

So mancher Gründer kennt sich mit Technologie aus, aber nicht mit den Abläufen im Betrieb. Ohne BWL-Kenntnisse, etwa in Sachen Buchführung, scheitern viele Firmen jedoch.

 

- Faktor Familie

Eine Unternehmensgründung bedeutet eine hohe Belastung. Wenn die Familie diese nicht mitträgt, ist das für die Firma ebenso riskant wie für die Harmonie im Privaten.

Wie Sie an Geld kommen

Staatliche Förderprogramme

Seitens des Bundes, der Länder und der EU werden Existenzgründern zahlreiche Fördermöglichkeiten geboten. Dabei gehören die Kreditprogramme der KfW Mittelstandsbanken zu den wichtigsten. Dazu zählen das KfW-Startgeld, das Unternehmerkapital sowie der Unternehmerkredit.

Banken

In der Regel sind Banken der erste Ansprechpartner, wenn es um das Startkapital geht. Im Gegensatz zu staatlichen Förderprogrammen handelt es sich aber um Fremdkapital, dass Sie mit Zinsen zurückzahlen müssen.

Üblicherweise müssen Sie ein Geschäftsfoto eröffnen müssen, das teurer ist. Gesetzlich ist aber nichts vorgeschrieben. Bitten Sie also Ihre Bank, ob ein gewöhnliches Girokonto reicht.

Leasing

Wenn Sie investieren wollen, aber kein Eigenkapital besitzen und kein Fremdkapital aufnehmen wollen, können sie das Investitionsgut leasen. Das geht entweder beim Hersteller des Gutes selbst oder über ein Finanzinstitut. Leasingverträge haben große Ähnlichkeit mit Mietverträgen. Ihr größter Vorteil ist, dass Sie die Summe nicht auf einmal berappen müssen. Das Risiko besteht in der Insolvenz Ihres Unternehmens, dann nämlich können Sie das Gut nicht einfach verkaufen.

Venture-Capital-Gesellschaften

Venture-Capital-Gesellschaften vergeben Kapital, ohne Sicherheiten zu verlangen. Im Gegenzug erwerben sie aber Beteiligungen an Ihrem Unternehmen und erwarten erhebliche Wertsteigerungen. Dafür vermitteln Venture-Capital-Gesellschaften aber auch wichtige Kontakte.

Private Investoren

Wer lieber auf private Investoren setzt, sollte sie in seinem nahen Umfeld suchen. Günstiger als ein Bankkredit ist das allemal, allerdings handelt es sich hierbei eher um kleinere Summen. Achtung bei Geldgebern aus der Familie: Hier schaut das Finanzamt in der Regel ganz genau hin.