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OMC - Tabuthema Trennung

Die dunkle Seite des Change Managements

Vergangene Woche besuchte ich den Change Congress der Handelsblatt Fachmedien. Eine großartige Veranstaltung mit über 40 Rednern, Workshops, Diskussionen und teils hochklassigen Vorträgen. Ein großes Netzwerktreffen von Change Managern, Wissenschaftlern, Personalverantwortlichen, Organisationsberatern: Von Menschen, die sich mit dem Wandel in Unternehmen beschäftigen.

Während dieser beiden Tage wurde – wenn überhaupt – nur sehr am Rande und nahezu verschämt über das Thema gesprochen, für das ich mich selbst mit meinem Unternehmen OMC tagtäglich engagiere: Die berufliche Trennung. Knapp 700 Kongress-Teilnehmer tun einfach so, als wäre jedweder Wandel im Unternehmen und in der Gesellschaft möglich, ohne dass es handfeste Konsequenzen in Form von Kündigungen oder Aufhebungsverträgen gäbe. Da darf man sich wundern.

Trennungsmanagement ist offensichtlich immer noch ein Tabu-Thema, das nicht passt in die schöne heile Welt der Change Manager. Über die dunkle Seite des Change Managements spricht niemand gerne offiziell. Sehr wohl in den Pausen, nach den Vorträgen, da ist man offen. „Selbstverständlich geht dieser Wandel mit massiven Strukturveränderungen und zahlreichen Kündigungen einher. Das ist doch völlig klar.“, bekennt eine Wissenschaftlerin nach Ihrem energiegeladenen Vortrag über die Vorteile ständiger Veränderung. Wenn das so klar ist, warum spricht dann niemand darüber?

Aus meiner Sicht gibt es dafür drei Gründe:

  • Die Hilflosigkeit der agierenden Manager
  • Die Gleichgültigkeit der agierenden Berater
  • Die Unsicherheit und Scham der Betroffenen

 

1. Die Hilflosigkeit der Manager

Um im Management erfolgreich zu sein, sind Erfolge gefragt. Schnell vollzogener Wandel, sei es die digitale Transformation, die Bereinigung des Portfolios zugunsten stärkerer Kundenorientierung oder die Internationalisierung eines bestehenden Angebotes: Alles klingt gut, so lange es zügig geht und die Zahlen am Ende stimmen, zumindest sollten sie schön gerechnet werden können. Da passt es einfach nicht, über die 120 Entlassenen zu sprechen, die leider verloren haben. Nicht anpassungsfähig genug waren, zu langsam, die zu offen mit ihren Zweifeln umgegangen sind.

Für das jeweilige Management sind diese Kollateralschäden durchaus mehr als ein Kostenfaktor, ihnen ist bewusst, dass es Härtefälle gibt. Da ist es leichter, wenn man sich mit diesem Thema gar nicht so sehr beschäftigt. Im Zweifelsfall erledigt die Personalabteilung die unangenehmen Trennungsgespräche, nur in einigen wenigen Fällen wird man selbst tätig, tarnt das schlechte Gewissen dann mit hohen Abfindungen und geht möglichst schnell zur Tagesordnung über. Eigentlich wollte man das ja nicht, aber es ließ sich eben nicht anders machen.
 

Nicht dass ich falsch verstanden werde: Nicht die Tatsache, dass Menschen entlassen werden, ist verwunderlich, sondern vielmehr, wie damit umgegangen wird.  Nämlich gar nicht. Trennungsthemen werden einfach totgeschwiegen. Aus Angst vor zu großer Nähe, aus schlechtem Gewissen und oft genug auch aus fehlender Haltung. Es ist leicht, auf dem Papier die Streichung einer ganzen Abteilung zu beschließen. Die Trennungsgespräche dann aber auch zu führen und den Betroffenen ins Gesicht zu sagen, dass sie in diesem Unternehmen keine Zukunft mehr haben, ist schon etwas ganz anderes. Das berührt jeden, das lässt niemanden kalt. Und aus Angst vor dieser Betroffenheit, aus Angst vor der eigenen Scham werden die direkten Gespräche oft genug vermieden oder delegiert. Man könnte es anstatt Hilflosigkeit auch schlicht Feigheit nennen.

 

2. Die Gleichgültigkeit der Berater

In Phasen der Reorganisation werden von vielen Unternehmen Berater damit beauftragt, nach einer neutralen Analysephase Vorschläge zu machen für strukturverändernde Maßnahmen. Hinter jeder beschlossenen Reorganisation verbirgt sich auch die Trennung von Teilen der Belegschaft. Berater gehören nicht zum Unternehmen und haben offiziell den Auftrag, am Ende Stellen zu streichen. Das tun sie. Dann gehen sie wieder. Sie kennen die Mitarbeiter nicht, bauen oft genug bewusst keine Beziehungen zu ihnen auf, um neutral zu bleiben. Und  gleichgültig. Über die Konsequenzen ihres Tuns machen sie sich durchaus Gedanken, in Gesprächen geben sie zu, oft den Betroffenen gegenüber ein schlechtes Gewissen zu haben. „Wenn die Entlassungen kommen, bin ich aber oft schon wieder weg.“ Und das ist vielleicht auch gut so, wenn man sich selbst als Berater schützen will vor zu viel Nähe. Dann kann man genau diese Gleichgültigkeit entwickeln, die auch bei Beratern das Thema Trennung zum Nicht-Thema macht.

 

3. Die Unsicherheit und Scham der Betroffenen

Wem gekündigt wird, der geht selten in die Offensive. Die meisten gehen eher vorsichtig und oft genug verschämt damit um, dass Sie nicht freiwillig gegangen sind, sondern gegen ihren Willen das Unternehmen verlassen mussten. Insbesondere in der ersten Phase nach der Trennung ist die Unsicherheit der Betroffenen sehr groß. Die wenigsten sprechen offen über ihre Ängste, oft genug wird eine jovial-fröhliche Maske aufgesetzt.

Die gekündigten Mitarbeiter selbst sind also aus Scham am wenigsten von allen Beteiligten daran interessiert, das Tabu zu brechen und offen über die Trennung zu sprechen.

 

Fazit:

Im Ergebnis sprechen weder die handelnden Manager noch deren Berater, am allerwenigsten aber die Betroffenen selbst über das Thema berufliche Trennung. Oft genug werden die Trennungsprozesse durch dieses Kommunikationsdefizit miserabel gemanagt. Der Ausweg aus dem Dilemma könnte professionelle Beratung sein. Unternehmen wie OMC beraten auch das Management bei der Durchführung von Trennungsprozessen und unterstützen sowohl die Führungskräfte als auch die HR-Verantwortlichen darin, die Prozesse richtig aufzusetzen und die Gespräche in der Sache konsequent und trotzdem menschlich wertschätzend zu führen. Damit aus der Trennung keine Katastrophe wird.

Und für den nächsten Change Congress reiche ich noch in diesem Monat einen Vortrag ein: Über das Tabu-Thema Trennungsmanagement. Mal sehen, ob er angenommen wird!

 

Claudia Michalski, Oktober 2017

 

 

 

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