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OMC Trends Claudia Michalski

Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Monaten von einem Arbeitnehmermarkt in einen Arbeitgebermarkt verwandelt. In nahezu allen Branchen ist die Zahl der offenen Stellen deutlich geringer geworden. Insbesondere Führungskräfte suchen sehr lange, bevor sie wieder in eine neue und adäquate Position kommen. Insgesamt hat sich die Stimmung auf dem Arbeitsmarkt deutlich verändert: Sparzwänge und Entlassungen stehen wieder stärker auf der Tagesordnung.

Das wirkt sich auch auf die Führungsprinzipien in den Unternehmen aus. Während ‚New Work‘ in den vergangenen Jahren zur neuen Religion in den Personalabteilungen geworden war, die sich seitdem mehrheitlich ‚People & Culture‘ nennen, hat sich die Stimmung deutlich abgekühlt. Klare Ansage ist wieder gefragt, für lange Diskussionen ist kein Platz mehr.

Trumpismus schlägt scheinbar auch in den Führungsstilen deutscher Unternehmen durch. Während der kress report noch 2021 schrieb „Die Zeit des durchsetzungsstarken Vortänzers ist vorbei.“, gewinnt man den Eindruck einer Trendumkehr. Themen wie Diversity, Work-Life-Balance sind out, Leistungsdenken ist wieder im Vormarsch. „Leistungskultur neu denken“ ist beispielsweise ein Claim der diesjährigen Kienbaum People Convention – nach Wellbeing klingt das nicht.
 

Was bedeutet die Trendumkehr konkret?
 

1.    Effizienz vor Diversity

‚Weichere‘ Themen geraten angesichts hohen Kostendrucks in den Medienunternehmen zunehmend aus dem Fokus, es geht schlicht um effiziente Prozesse und Strukturen. Auch der BPM, Bund der Personalmanager, fasst die Situation ganz klar zusammen: In den letzten 15 Jahren wurde HR-seitig für eine menschenzentrierte Arbeitswelt, modernes Organisationsdesign und eine ausgewogene Balance von Privatem und Beruf gekämpft. Nun befinden wir uns in vielen Medienhäusern wieder mitten im Job- Abbau, erleben starke Arbeitsverdichtung und harten Spardruck. Das passt nicht mehr zusammen – die Prioritäten werden jetzt anders gesetzt.
 

2.    Autoritäre Führungsstile auf dem Vormarsch

Trump macht es vor: Top-Down Führung gewinnt wieder die Oberhand, klare Ansagen gewinnen an Bedeutung. In der Krise ist es grundsätzlich so: Steuert das Schiff durch raue See, braucht es eine klare Vorgabe für den Kurs vom Kapitän, für lange Diskussionen ist da keine Zeit.
Ganz im Trend liegt hier auch Mathias Döpfner, CEO von Axel Springer. Er verkündete schon letzten Sommer sehr öffentlichkeitswirksam das Ende des Homeoffice. Seine ‚Office First‘-Ansage war ein klarer Top-Down Ansatz, wie er offensichtlich in die Zeit passt. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch bei SAP, Amazon oder Dell.
 

3.    Entscheidungen werden datengetrieben getroffen

Dass Leistungsorientierung wieder an Bedeutung gewinnt, stellt auch das HR-Journal fest. Jeder einzelne Mitarbeitende muss demnach besser verstehen, welche konkreten Erwartungen das Unternehmen an ihn hat und wie er zur Unternehmensleistung beiträgt. Das klingt nach klarer Ausformulierung der Anforderungen. Dabei seien angesichts des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks datenbasierte Einblicke in die Belegschaft unverzichtbar, um wettbewerbsfähig zu bleiben und wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Das heißt: Es werden zukünftig mehr personenbezogene Daten erhoben, um Personalentscheidungen auf fundierter Grundlage zu treffen. Mal sehen, wie die Betriebsräte das finden, die ja in Bezug auf Leistungs- und Verhaltenskontrolle sehr sensibel sind.


FAZIT:
Die kulturellen Errungenschaften der letzten Jahre rund um Diversität, New Work und Wellbeing werden derzeit von harten Forderungen nach Performance und Effizienz verdrängt. Dabei wird so getan, als wäre Effizienz nur ohne Diversität und menschenzentrierte Führung zu erreichen. Sinnvoll wäre jedoch eine Ergänzung um Effizienztreiber und stärkere Performance-Orientierung z. B. durch Kennzahlen, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Denn es ist erwiesen, dass Mitarbeitende mehr leisten, wenn sie sich wohl fühlen im Unternehmen. Wichtig wäre es jetzt, nicht von einem Extrem ins andere zu kippen und stattdessen beide Konzepte miteinander zu verbinden.

 

Claudia Michalski
Diplom-Volkswirtin, Senior Executive Advisor und Beirätin