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Kirsten Marks-Ruhnke

Da ist dieser Mitarbeiter in der Entwicklungsabteilung.
Was macht der eigentlich? Stellt man diese Frage seinen Kollegen, verdrehen die nur die Augen. Das neue (vor Jahren eingeführte) Konstruktionsprogramm beherrscht er jedenfalls nicht.

Am Empfangstresen stehen sie wieder einmal beieinander.
Die neue Mitarbeiterin macht große Augen, die beste Kraft im Team sieht verunsichert aus, das Wort führt offenbar wieder Frau N. Als sie noch für den alten Chef arbeitete, gab es keine Probleme. Seit der aber nicht mehr im Haus ist, hat sie schon mehrere Versetzungen hinter sich. Gerade erklärt sie den Kolleginnen, dass sie keinesfalls dem Modell der flexiblen Arbeitszeit zustimmen wird, ihr Vertrag definiert ihr Kommen und Gehen genau, etwas anderes kommt für sie nicht in Frage.

 

Es ist schon ein paar Jahre her, als das Team von Herrn K. aufgelöst wurde.
Um ihn über den Verlust seiner Führungsaufgabe hinwegzutrösten, wurden seine Bezüge als Teamleiter nicht gekürzt, ein wohlklingender Jobtitel konnte gefunden werden. Allerdings sind seine Aufgaben nun die gleichen wie die der Kollegen in der neuen Abteilung. Seitdem sinkt seine Leistungskurve kontinuierlich.

Diese und ähnliche Fälle werden uns immer häufiger vorgetragen. Die Konjunktur der letzten Jahre war gut, also hat man diese Mitarbeiter weiter im Unternehmen belassen. Man sei mit Kündigungen nicht so schnell bei der Hand, eher sozial eingestellt, hören wir dann.  Allerdings kann man nun den Protest der Kollegen nicht mehr überhören, es findet sich kein Abteilungsleiter mehr, der mit dem unproduktiven Mitarbeiter noch einen Versuch starten möchte, die Personalabteilung ist entnervt von unfruchtbaren Entwicklungsgesprächen. Aber das Problem verschärft sich: eigentlich gibt es nach all den Jahren keine Handhabe mehr, den Mitarbeiter zu kündigen und kaum eine Perspektive, ihn weiter zu qualifizieren. Außerdem spürt der Kollege, dass sich etwas zusammenbraut: er schaltet den Betriebsrat ein, erhebt Mobbing-Vorwürfe, meldet sich wochenlang krank. Scheinbar stimmt er einer Mobilisierungsberatung zu, nur um auch hier die Termine immer wieder zu verschieben.

 

Und wer kann es ihm verdenken? Jahrelang saß er auf einer sicheren, ordentlich bezahlten Insel, nun ist auch ihm klar, dass er „da draußen“ kaum noch bestehen könnte. Er hat die übliche Altersgrenze für einen erfolgreichen Karriereschritt deutlich hinter sich, ihm schwant, dass seine Fachkenntnisse lange überholt sind und ihm fällt auch keine andere Tätigkeit ein, mit der er die Raten für sein Haus abbezahlen könnte. Tatsächlich schätzt er seine Lage korrekt als schwierig ein und reagiert entsprechend: er setzt seinen Arbeitgeber ins Unrecht, erzeugt schlechte Stimmung und entzieht sich allen Versuchen, ihn aus dem Unternehmen zu entfernen.

 

Unternehmen müssen sich also die Frage gefallen lassen: ist das sozial? Macht es Sinn, leistungsschwache oder unmotivierte Mitarbeiter über Jahre zu ignorieren, nur weil das Unternehmen es verkraften kann? Zerstört man damit nicht vielmehr jede Zukunftsperspektive der Betroffenen? Auch hier gilt: lieber ein Ende mit Schrecken…Aus unserer Beratungstätigkeit wissen wir, dass Menschen, die einmal das Unvermeidliche (in diesem Fall den Verlust ihre Arbeitsplatzes) für sich akzeptieren, aus der Umorientierung oft gestärkt und glücklicher hervorgehen. Aber man muss ihnen eine Chance geben, manchmal auch gegen ihren Willen. Dann werden plötzlich Energien mobilisiert, sich neu zu qualifizieren, sich mit einer modernen Arbeitswelt anzufreunden oder vielleicht sogar eine eigene Unternehmung zu starten. Leider ist es manchmal aber auch dafür tatsächlich zu spät. Deshalb gehört es zu einer verantwortungsvollen Personalarbeit zu erkennen, wann die Beziehung zu einem Mitarbeiter so gestört ist, das eine Trennung und ein Neuanfang für beide Seiten unvermeidlich ist und diese dann mit aller Konsequenz anzustreben.

Das mag „teuer werden“, rechnet sich aber im Vergleich auf jeden Fall. Und ist menschlicher, als alle Beteiligten Tag für Tag, Jahr für Jahr mehr zu frustrieren.

 

 

Februar 2018

kmr

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