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OMC inside Claudia Michalski
In der täglichen Beratungspraxis stellen wir bei OMC seit einigen Jahren einen deutlichen Trend fest. Viele Manager in der Lebensmitte, die ihren Weg bisher erfolgreich gegangen sind und auch problemlos so weiter gehen könnten, wollen sich verändern. Wir können dabei keine geschlechtsspezifische Besonderheit feststellen: Den Wunsch, die Management-Mühle zu verlassen, haben nach unserer Erfahrung Männer wie Frauen gleichermaßen. Manchmal kommen dann Angebote des Arbeitgebers, sich zu trennen, ganz gelegen. Warum nicht noch eine lange Freistellung und feine Abfindung mitnehmen, wenn der Wunsch nach Veränderung ohnehin schon da ist?

 

Was früher gern mit leicht abfälligem Unterton als Midlife-Crisis beschrieben wurde, beginnt mit etwa Mitte 40. Angesichts der ständig steigenden Lebensarbeitszeit wird dann jedem bewusst, dass noch satte 25 Jahre Arbeitsleben vor ihm liegen. Gleichzeitig ist die Rush Hour des Lebens durchschritten: Die Karriere hat sich gut entwickelt, die Kinder sind flügge, das Haus gebaut oder die Eigentumswohnung gekauft. Zeit, sich wesentlichen Fragen zu stellen: Was kommt denn jetzt eigentlich noch? Wofür stehe ich? Will ich wirklich noch 20 Jahre weiter funktionieren und beständig „liefern“? Oder kann ich im Leben noch anderes bewirken und erreichen?
 

Viele Manager suchen den Ausstieg aus der Management-Mühle

Der Anteil derer, die sich diese Fragen stellen, steigt. Dabei ist das „weg von“ immer schnell definiert, denn eigentlich weiß jeder, was er NICHT mehr will: Fremdbestimmte Arbeitstage mit knallvollen Kalendern. Langatmige Meetings mit unvorbereiteten Kollegen. Demotivierende Sitzungen mit Geschäftsführung oder Aufsichtsrat, in denen es sowieso jeder besser weiß. Zielgespräche mit plötzlich neu definierten Zielen, die man dann doch nicht erreicht hat. Viele kennen diese tägliche Routine der Management-Mühle und sind nach vielen Jahren müde geworden. Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche Annehmlichkeiten: Neben guten Gehältern und stattlichen Dienstwagen ist man auch wichtig, reist durch die Welt und kennt die wesentlichen Player aus der jeweiligen Branche. Man gehört dazu. Doch nach einigen Jahren verlieren auch Status-Symbole wie schicke Dienstreisen und opulente Firmen-Events ihren Reiz. Wenn am Ende selbst der mühsam erkämpfte hohe Bonus nicht mehr für angemessenen Ausgleich sorgen kann, klingeln bei vielen die Alarmglocken.

In dieser Situation begeben sich viele Manager in den inneren Aufbruch und machen sich Gedanken über neue berufliche Ziele. Und oft genug geht es dabei nicht mehr um das „schneller, höher weiter“, sondern eher um das „sinnvoller, interessanter, werteorientierter“. Viele stellen dann fest, dass es gar nicht so einfach ist, sich mit diesem Anspruch beruflich neu zu orientieren. Denn schon ein Sidestep muss erklärt werden, das Downshifting fällt meist noch viel schwerer. Viele bleiben also mehr oder weniger frustriert im Job, liebäugeln aber innerlich ständig mit Veränderung: Selbständigkeit, Auswanderung, zumindest aber ein langes Sabbatical steht auf dem Plan.
 

Professionelle Beratung hilft bei der Entscheidungsfindung 

Nicht wenige holen sich in dieser Phase eine professionelle Beratung, denn sie stellen fest, dass ihnen im privaten Umfeld die geeigneten Gesprächspartner für diese elementaren Fragestellungen fehlen. Im Freundeskreis heißt es schnell „Was willst du denn, du hast doch einen Super-Job!“. Oft genug ist auch der eigene Partner wenig begeistert, weil er oder sie insgeheim fürchtet, dass mit der beruflichen Veränderung auch eine persönliche einhergehen könnte – und dann wäre schlimmstenfalls das ganze bisherige Lebensmodell in Frage gestellt. Also lieber keine Veränderung provozieren, sondern Augen zu und weiter machen wie bisher.

Aber die innere Stimme der Unzufriedenen wird lauter: Wenn die 50 im Raum steht, lässt man sich nicht mehr in eine Richtung drängen, sondern will und muss selbstbestimmt über sein Leben entscheiden. Das gilt gleichermaßen für das Privatleben wie für den Beruf. Daher halten viele trotz zu erwartender Widerstände an ihrem Vorhaben der beruflichen Neuorientierung fest und nehmen professionelle Beratung in Anspruch. Hier können sie mit gesunder Distanz und absoluter Neutralität rechnen – was aus oben genannten Gründen oft ein unschätzbarer Vorteil und für das Ergebnis der Beratung eine zwingende Voraussetzung ist.

Im Rahmen einer professionellen Perspektivenberatung wird zunächst das Wertesystem jedes einzelnen analysiert: Sicherheit versus Freiheit. Eigenständigkeit und Selbstbestimmung versus Teamgeist und Zugehörigkeit. Auf der gesamten Skala wird abgeklopft, wo jeder einzelne steht. Im Rahmen eines intensiven gemeinsamen Prozesses geht es um persönliche Motivatoren, Vorlieben, das Selbstbild – am Ende um alle wesentlichen Persönlichkeitsmerkmale. Denn nur wer sich selbst gut kennt, kann auch die richtige berufliche Aufgabe für sich finden.
 

Alles ist möglich: Verbleib im alten Job, neue Position oder Selbstständigkeit

Die neue berufliche Zielstellung fällt dann völlig unterschiedlich aus. Ganz sicherheitsbewusste bleiben im Job, engagieren sich aber nebenbei für etwas Sinnvolles. Flüchtlingsarbeit, Obdachlosenhilfe, Ehrenämter gibt es genug. Viele nehmen auch sehr bewusst familiäre Aufgaben wahr und kümmern sich um ihre alten, oft pflegebedürftigen Eltern. Auch wenn man seine berufliche Aufgabe selbst nicht verändert, kann man aber sehr wohl die eigene Haltung dazu überdenken und neu definieren. Wenn man etwas einmal in Frage gestellt, es dann aber trotzdem für richtig befunden hat, nimmt man die Vorteile wieder bewusst wahr und wird zufriedener.

Andere wiederum, deren Sicherheitsbedürfnis nicht so groß ist, steigen beruflich um: Bringen ihr Know-how nicht mehr in ein x-beliebiges Wirtschaftsunternehmen ein, sondern ganz bewusst bei einem NGO oder einer Stiftung. Noch größer und dementsprechend seltener ist der Schritt in die Selbstständigkeit: Sein eigenes Beratungsunternehmen zu gründen, ist dabei noch vergleichsweise unspektakulär. Sich jedoch den lang gehegten Traum vom eigenen Restaurant oder der eigenen Künstleragentur zu erfüllen, ist unter wirtschaftlichen Aspekten eher die riskante Variante. Denn das Hobby zum Beruf zu machen ist nicht immer eine gute Idee. Am Ende drücken dann doch die finanziellen Verpflichtungen zu sehr, das Haus muss schließlich abbezahlt und die Kinder durchs Studium gebracht werden. Insofern spielt innerhalb der Beratung auch die Realisierbarkeit des Vorhabens eine wichtige Rolle. Was ist angesichts der individuellen Lebensumstände überhaupt machbar?

Eines wird in unserem Beratungsalltag immer wieder deutlich: In der Lebensmitte sind die beruflichen Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft.  Auch mit 50 kann man sich noch einmal neu erfinden – Veränderungsbereitschaft, einen gesunden Sinn für das Machbare und eine gute Portion Mut vorausgesetzt.

Geschäftsführerin, Claudia Michalski, im Januar 2017

Claudia Michalski
Geschäftsführerin