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Darum sind Medien für die Generation Y die richtige Branche

Es ist die schlichte Demographie, die es Unternehmen erschwert, qualifizierte und motivierte Beschäftigte zu finden. Das gilt auch für die Medienbranche: Die Generation der Boomer geht langsam auf die 60 zu und diffundiert aus dem Arbeitsmarkt, während die Generation Y ganz neue Ansprüche an das Arbeitsleben stellt – und sich längst nicht so stark über den Beruf definiert wie ihre Vorgänger. Worauf es derzeit ankommt:

  • Einer aktuellen Erhebung im Auftrag des Personaldienstleisters Randstad zufolge suchen 74 Prozent aller Arbeitnehmer nach mehr Sinn in ihrer Arbeit.
  • 70 Prozent der Beschäftigten legen Wert auf interessante und abwechslungsreiche Arbeitsinhalte.
  • Lediglich 56 Prozent empfinden ihren Beruf als wichtigen Teil Ihrer Persönlichkeit.
  • Wahr ist aber auch: 80 Prozent arbeiten vor allem, um Geld zu verdienen.
  • Dabei ist besonders auffallend, dass die Identifikation mit dem Arbeitgeber in der jüngeren Generation weniger wichtig ist. Hat sie für 57 Prozent der Mitarbeiter über 45 noch eine Bedeutung, liegt sie bei den Leuten unter 30 Jahren bei 34 Prozent.

Hier kommt die viel zitierte Generation Y ins Spiel: Digital Natives mit hohem Bildungsniveau, die weniger Sicherheit und Identifikation suchen, dafür mehr Abwechslung und vor allem Selbstbestimmung. Das Ganze bitte schön ausbalanciert, damit auch noch genug Freizeit bleibt.

Wie reagiert die Medienbranche auf diese Ansprüche potenzieller Mitarbeiter? Kann man die Medien aus dem Blickwinkel der Jüngeren als attraktive Arbeitgeber bezeichnen? Man kann. Hier kommt die Analyse zu den drei Themen: Sinn, Abwechslung – und Geld:

Wie sinnvoll ist die Arbeit in der Medienbranche?

Krieg, Pandemie, Klimakatastrophe: Wann, wenn nicht jetzt, wird der Sinn freier Medien deutlich?! Die Bedeutung einer neutralen und kritischen Berichterstattung für die Demokratie war selten offensichtlicher als derzeit, wo in Russland unabhängige Medien verboten werden, weil sie eine Gefahr darstellen für die Diktatur. Gleichzeitig gibt es viele Initiativen, die den unabhängigen Journalismus in der Ukraine unterstützen – um die Demokratie zu stärken.

Medien erkennen ihren Purpose, ihren Zweck, und arbeiten ihn sogar genauer aus. Ausgerechnet der seit 1949 bestehende Verband der Zeitschriftenverleger macht es vor: In seinem neuen Namen, „Medienverband der freien Presse“, unterstreicht er, wofür er stehen will.

Aus Mitarbeitersicht ist der Wunsch nach „Purpose“ durch den gesellschaftlichen Auftrag der Medienbranche ganz klar abgedeckt. Die Frage ist, warum Medienunternehmen in ihren Stellenanzeigen kaum auf diese Tatsache hinweisen. Die klar formulierte Mission der freien Presse stärkt nicht nur die gesamte Mediengattung, sondern trägt auch ganz klar zum Employer Branding jedes einzelnen Medienunternehmens bei.  Hier darf aus meiner Sicht die Kommunikation für viele Medien-Marken noch stärker werden.

Wie abwechslungsreich ist die Arbeit in der Medienbranche?

Die Arbeit in der Medienbranche hat sich mit der Digitalisierung in einem Maße abwechslungsreich gestaltet, was manchmal sogar extrem flexible Persönlichkeiten an ihre Grenzen bringt. Früher mussten Journalisten von Printmedien gut recherchieren und schreiben können. Punkt. Heute moderieren sie zusätzlich Veranstaltungen, drehen Videos, sprechen Podcasts ein, bedienen nebenbei soziale Medien. Zumindest ist die Erwartungshaltung der Medienhäuser, dass sie all das parallel tun. Gelegentlich scheinen sie auch noch Stücke zu schreiben – ganz wie früher.

Kaum eine Berufsgruppe musste sich so flexibel mit neuen Monetarisierungsformen auseinandersetzen und sich auf neue Formate einlassen. Journalisten treten auch als Verkäufer in eigener Sache auf, wie Alexandra Borchardt im Januar in ihrer Medieninsider-Kolumne feststellte.

Über Mangel an Abwechslung beklagen sich insbesondere Journalistinnen und Journalisten also eher weniger. Komfortzone scheint ein Fremdwort. Vielmehr besteht die Herausforderung, in immer kürzerer Zeit immer mehr produzieren zu müssen.

Andererseits bietet die Branche auch durch wachsende Kooperationsbereitschaft Möglichkeiten, über sich und über Verlagsgrenzen hinauszuwachsen. War es vor ein paar Jahren überhaupt vorstellbar, dass sich Redaktionen für umfangreiche Recherchen zusammenschließen? Dass sie dafür sogar die Gräben zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern kurzzeitig zuschütten?  Diese Möglichkeiten sind großartig und es besteht Anlass zu Freude und Optimismus, wenn neue journalistische Formate und Workflows entstehen – auch und gerade in Krisenzeiten. Journalisten wie Manager finden reichlich Spielwiesen, auf denen sie sich verwirklichen können.

Denn auch im Management bedienen die Mitarbeiter auf Verlagsseite in Vermarktung, Vertrieb und Öffentlichkeitsarbeit eine ganz neue und vielfältige Klaviatur. Wenn man sich aktuelle Stellenausschreibungen großer Häuser ansieht, werden Motion Designer genauso gesucht wie SEO-Spezialisten, Digital Sales Professionals und Creative Media Producer. Die Bandbreite der Berufe ist riesig, die Nachfrage insbesondere nach tiefer Digitalkenntnis groß – und aus vielen Häusern hört man: Es gibt nicht genug qualifizierte Bewerber. Was eventuell auch mit dem nächsten Punkt zu tun haben könnte – der Bezahlung.

Wie lukrativ ist die Arbeit in der Medienbranche?

Diese Frage lässt sich nicht ganz so einfach beantworten: Einerseits gibt es auch für Medienhäuser Tarifstrukturen, viele klassische große Verlage sind Tarifverträgen in ihren jeweiligen Bundesländern angeschlossen und werben auch damit, Tarifgehälter zu zahlen.

Dass man allerdings auch als Tarifangestellter keine allzu großen Sprünge machen kann, zeigt ein Blick in die konkreten Gehaltstabellen: Ein Medienkaufmann Digital/Print verdient nach der Ausbildung durchschnittlich 2698 Euro brutto. Dieses Einstiegsgehalt variiert je nach Bundesland.

Für Journalisten oder Redakteure, die nach dem Volontariat oder Studium in den Job einsteigen, variiert das Gehalt je nach Größe und Schwerpunkt des Medienunternehmens sehr stark. Der Einstieg wird durchschnittlich mit 2.832 Euro angegeben, das Durchschnittsgehalt mit 4.311 und mit Berufserfahrung sind es 5.790 Euro brutto.  

In der Presse bekannt sind die hohen Gehälter von Geschäftsführern und Vorständen großer Medienunternehmen. Dass sich so manches Management Boni im zweistelligen Millionenbereich gönnt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der durchschnittliche Mitarbeiter in einem Medienunternehmen auch nur durchschnittlich bezahlt wird.

Noch viel dramatischer ist es bei vielen freien Journalisten, die sich von Auftrag zu Auftrag hangeln und für Zeilenhonorar schreiben oder pauschal pro Stück honoriert werden. Diese Honorare sind häufig nicht sehr hoch und stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand, der dahintersteckt.

Fazit
 
Das Geld ist definitiv nicht der Grund, warum man in der Medienbranche arbeitet. Wer einen gesellschaftlich relevanten, sinnvollen Job sucht, der viel Abwechslung bringt und Flexibilität erfordert, ist hier genau richtig. Purpose als Beitrag zum Employer Branding kann von Medienunternehmen noch viel stärker in den Vordergrund gerückt werden. Den Wert, die Freiheit zu vertreten, kann nicht nur Axel Springer für sich in Anspruch nehmen. Das können andere genauso. 

 

Geschäftsführerin, Claudia Michalski, im Januar 2017

Claudia Michalski
Geschäftsführerin