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OMC HR Trends - Personalauswahl

Disziplin im Job - um jeden Preis?!

 

Disziplin ist wichtig - so bekommt man es schon als Kind beigebracht. Sitzen, zuhören, auswendig lernen, Leistung bringen, immer pünktlich sein, trotz Party am Vorabend zur Schule, zur Uni, zur Arbeit gehen. Keine Ausrede gilt: Wer feiern kann, der kann auch arbeiten!

Disziplin gilt als deutsche Tugend und in der Tat: Wir haben alle gelernt, diszipliniert zu sein und leben dieses Modell insbesondere im beruflichen Kontext. Weil wir es so gewohnt sind. Menschen sind von Natur aus nicht affin für Veränderungen. Der Change Management-Experte Klaus Doppler weist jedem Menschen fünf Grundbedürfnisse zu: Klarheit, Ordnung, Sicherheit, Zugehörigkeit und Handlungsfähigkeit. Diese Bedürfnisse sind bei jedem mehr oder weniger stark ausgeprägt und bewirken in Veränderungsprozessen naturgemäß Widerstände. Jeder Change Prozess im Unternehmen, jede private nicht selbst gewählte Veränderung führt uns aus der Komfortzone heraus und damit in den inneren Widerstand hinein. Das ist das Grundgesetz von Veränderungen und macht daher Change in Unternehmen zur echten Herausforderung.

 

Disziplin bringt Klarheit und Ordnung – und ist schwer abzulegen

Disziplin hingegen spricht die Grundbedürfnisse Klarheit und Ordnung direkt an. Die Regel „Arbeitszeit = Anwesenheitszeit“ ist klar und hilft vielen Menschen, um Arbeit und Freizeit eindeutig voneinander zu trennen. Flexibilisierung, Work-Life Blending, Mobiles Arbeiten ist für viele Mitarbeiter und Führungskräfte daher eher verwirrend - und setzt Vertrauen voraus. In vielen Unternehmen werden feste Arbeitszeiten (und damit klare Regeln) durch Vertrauensarbeitszeit ersetzt. Das macht in digitalen Zeiten, in denen man von überall aus und zu jeder Zeit Konzepte schreiben, E-Mails beantworten und Angebote versenden kann, absolut Sinn. Nicht nur für die viel beschriebenen digitalen Nomaden, sondern auch für ganz normale Arbeitnehmer mit festem Wohnsitz. Vorgesetzte, die ihren Mitarbeitern nur schwer vertrauen können, tun sich allerdings oft noch schwer mit Home Office-Regelungen und flexiblen Zeiten. Ihnen wäre es häufig genug lieber, sie könnten weiterhin Anwesenheitszeit als Maß für Leistungsbereitschaft nutzen - nicht wirklich sinnvoll, aber schön klar. Umgekehrt arbeiten viele Mitarbeiter trotz neu gewonnener Freiheit weiterhin zu festen Zeiten, auch wenn sie das gar nicht mehr müssen. Disziplin abzulegen ist also offensichtlich gar nicht so einfach!

 

Nur jede/r Dritte ist glücklich in seinem Beruf

Ein Beleg für diese These ist auch die Tatsache, dass viele Arbeitnehmer in Deutschland unglücklich sind in ihrem Job – und trotzdem diszipliniert ihrem Arbeitgeber treu bleiben. Gemäß einer YouGov Studie (https://yougov.de/news/2015/07/07/nur-jeder-dritte-ist-gucklich-seinem-beruf/) ist nur jeder Dritte glücklich in seinem Beruf, 49% der Befragten würden einen anderen Beruf ergreifen, wenn Sie noch einmal wählen könnten. Hier stellt man sich als Karriereberaterin die Frage: Warum verbleiben so viele Menschen ihr Berufsleben lang in einer Aufgabe, die ihnen keine Freude macht, die viele nicht einmal grundsätzlich sinnvoll finden?

Einer der wichtigsten Leitsätze in unserer Beratung ist: Love it, change it or leave it! Wenn man also einen ungeliebten Beruf nicht ändern kann, sollte man ihn verlassen. Freiwillige Jobwechsel sind allerdings im Deutschland immer noch eher ungewöhnlich. Als ich selbst meine Position als Geschäftsführerin eines renommierten Medienhauses zugunsten einer Selbstständigkeit in einem etablierten Beratungsunternehmen aufgab, wurde das sehr kritisch gesehen. „Das ist ja nicht sicher!“. Stimmt, ist es auch nicht, aber eine Position als Angestellte/r ist es genauso wenig – und dort ist man zusätzlich noch fremdbestimmt.

Meiner Erfahrung nach halten sich viele Angestellte – auch und gerade in höheren Management-Positionen – viel zu lange an angestammten Positionen fest. Auch dann, wenn Ihnen neben der persönlichen Perspektive der Sinn fehlt und sie sich jeden Morgen aufs Neue zur Arbeit quälen. Solange Buchtitel wie „Montags könnt ich kotzen“ auf die Bestseller-Listen kommen, identifizieren sich offensichtlich viele Leser mit diesem Gefühl, nicht richtig positioniert zu sein im gegenwärtigen Job. Und doch ziehen nur wenige die Konsequenz und orientieren sich neu.

 

Sicherheitsdenken ist ein Kennzeichen für die Generation der Baby-Boomer

„Man muss auch in schwierigen Zeiten durchhalten“, ist das Credo, mit dem insbesondere die Generation der Baby-Boomer aufgewachsen ist. Sicherheitsdenken und eiserne Disziplin, man steht zu seinen Entschlüssen und hält durch, komme was da wolle! Mit diesem Glaubenssatz im Hinterkopf ist es besonders schwer, den ungeliebten Job über Bord zu werfen. Und trotzdem geht es: In unserer Beratungspraxis erleben wir zunehmend Manager, die sich ihrerseits verändern wollen, obwohl sie es nicht müssten. Der derzeit eher entspannte Arbeitsmarkt macht Mut zur Veränderung und wir begleiten und unterstützen Menschen in der beruflichen Veränderung sehr gerne, oft bis zum konkreten Erfolg.

 

Immer mehr haben Mut zur Veränderung

Berufliche Veränderung und erlernte Disziplin sind kein Widerspruch. Wenn man die Energie, die man aufwendet um sich jeden Montag wieder neu aufzuraffen, in die Suche einer sinnvollen und zufriedenstellenden beruflichen Alternative steckt, hat man den Glaubenssatz „Ich muss durchhalten“ überwunden und nimmt sich als selbstwirksam und handlungsfähig wahr. Die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen und sich nicht hinter eiserner Disziplin zu verstecken ist eine sehr befriedigende Erfahrung. Zum Glück lassen sich immer mehr Menschen darauf ein!

 

Text erstmals erschienen in www.deinfaktor10.de

 

Claudia Michalski

Claudia Michalski
Geschäftsführerin

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